Bieler Stadtratssitzung
Dringliches Postulat Judith Schmid, PdA Biel
Europa ist mit der grössten Fluchtbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg konfrontiert. Dabei zeigt der Konkurrenzkampf zwischen den Ländern nun seine dunkelste Seite: eine solidarische Lösung scheint in unerreichbarer Ferne zu liegen. Immer mehr Mittel werden eingesetzt, um zu verhindern, dass Flüchtlinge überhaupt bis nach Europa kommen oder um die Menschen wieder zurück in ein anderes Land zu schaffen.
Auch die Schweiz hat in den letzten Jahren ihren Umgang mit Schutzsuchenden weiter verhärtet. In den letzten Monaten wurden die Grenzkontrollen so verschärft, dass immer mehr Menschen ohne Asylverfahren direkt über die Grenze zurück deportiert werden. Die Schweiz ist ausserdem das Land, das am meisten Menschen nach Italien zurückschafft. Und dies obwohl bekannt ist, dass Italien mit der aktuellen Situation überfordert ist und dort viele Flüchtlinge nicht angemessen versorgt werden können.
Auf nationalstaatlicher Ebene wurde bislang keine befriedigende Lösung gefunden. Die Staaten reagieren mit Repression anstatt mit Menschlichkeit auf die Situation. Aus diesem Grund haben sich einige Städte zu einem solidarischen Netzwerk zusammengeschlossen. Vor allem Städte in Spanien (Barcelona, Madrid, Coruña und andere), aber auch Paris, Lesvos und Lampedusa wollen Zuflucht bieten. In der Schweiz haben zuletzt Lausanne und Bern beschlossen, sich diesem Netzwerk von Zufluchtsstädten anzuschliessen.
Auch in Biel entstanden viele Gruppen, die Flüchtlinge solidarisch unterstützen. Die Forderung nach sicherer Zuflucht für die Menschen in Not wird immer lauter. Biel als offene, tolerante und solidarische Stadt, soll den Mut zeigen, sich den anderen fortschrittlichen Städten anzuschliessen und folgende Massnahmen beschliessen:
- Die Stadt Biel erklärt sich zur Zufluchtsstadt und schliesst sich dem Netzwerk an, welches durch die Städte Madrid und Barcelona gegründet wurde.
- Die Stadt Biel nimmt direkt mit dem Staatssekretariat für Migration Kontakt auf und erklärt, dass sie bereit ist, mindestens 300 zusätzliche Menschen auf der Flucht aufzunehmen – Menschen, welche an der Tür zu Europa auf Zuflucht warten. Dafür eröffnet die Stadt Biel weitere oberirdische Unterkünfte unter ihrer Aufsicht. Sie organisiert zudem die Unterbringung von Flüchtlingen bei Privatpersonen, welche sich dazu bereit erklären.
- Die Stadt Biel trifft alle erforderlichen Massnahmen für eine angemessene Unterstützung der Flüchtlinge (Versorgung und Unterbringung, Sprachkurse etc.). Die Bieler Bevölkerung wird dabei von ihr aktiv miteinbezogen und zur Mitwirkung aufgefordert.
- Die Stadt Biel verweigert jegliche Unterstützung bei der Ausschaffung von Flüchtlingen. Auch sonstige Zwangsmassnahmen gegen sie werden im Stadtgebiet verweigert.
Biel, 23. Februar 2017, Judith Schmid, PdA Biel
Begründung Dringlichkeit
Die Situation spitzt sich immer weiter zu. Jeder Tag, der verstreicht, ohne dass reagiert wird, kostet Menschenleben.
Statement Postulat
In Anbetracht der katastrophalen humantiätern Situation an der Grenze zu Europa und auch innerhalb Europas finde ich die Aussage, dass es nicht angebracht sein, dass sich die Stadt Biel wie im Postulat gefordert an einer zusätzlichen Aufnahme von geflüchteten Personen beteiligt, sehr unangebracht. Es geht nicht darum, ob und wer jetzt mehr oder weniger macht hat, sondern es geht um Menschenleben. Es geht um Menschen, um Familien, um Kinder, die im Moment erfrieren und in absolut unwürdigen Zuständen leben müssen.